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Vermutlich im Jahr 1955 entschied man sich in unserer Gemeinde zur Gründung eines Posaunenchors, und so begann man zu diesem Zweck mit dem Sammeln von Kollekten, denn neben gutem Willen und engagierten Leuten braucht man auch eine Menge Material, und dieses Material, insbesondere die großen tiefen Instrumente, kosten viel Geld. Für DM 703,60 wurden am 16. April 1956 die ersten beiden Tenorhörner bei der Firma Musik-Schwarz in Hannover gekauft. Damit war der Spendentopf wieder leer, so dass der Gründer des Chores, Pastor Hoppe, noch am selben Tag einen Brief an das Landeskirchenamt in Hannover schrieb mit der Bitte um weitere finanzielle Unterstützung. Dieser Brief ist so zu sagen die erste urkundliche Erwähnung unseres Posaunenchores. Wir wissen nicht, wie lange die Bearbeitung dieses Bittbriefes gedauert hat, aber schon 8 Tage später, am Donnerstag den 26. April 1956, fand der erste Übungsabend statt. Somit gilt der 26. April offiziell als Gründungsdatum unseres Chores. Auf Initiative des Pastors trafen sich an jenem Tage 6 Bläser und eine Bläserin mit größtenteils eigenen Instrumenten und mehr oder weniger Blaserfahrung. Die Bläserin, Frau Gensicke, eine Pastorenwitwe aus Klein Berkel, hatte als einzige Erfahrung mit Kirchenmusik, während ihre männlichen Kollegen bis dahin in Feuerwehrkapellen gespielt hatten, und so wurde Frau Gensicke zunächst mit der Umschulung der Bläser betraut und später mit der Ausbildung junger Blasanfänger.

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Zum Chorleiter wurde ein junger Mann aus Hagenohsen ernannt, Reinhard Marx. Nach nur 5 Monaten, am Erntedankfest 1956, fand der erste öffentliche Auftritt in dieser Kirche statt. Die Qualität ließ zwar noch sehr zu wünschen übrig, doch die Gemeinde konnte zum ersten Mal sehen, wo ihre Spendengelder geblieben waren und es konnten weitere Interessenten zum Mitblasen gefunden werden. Mit inzwischen 15 Chormitgliedern sollte Weihnachten zum musikalischen Höhepunkt werden. Alle im Gottesdienst vorkommenden Weihnachtslieder wurden so lange geübt, bis jeder seine eigene Stimme beherrschte. Ein Chor ist aber mehr als nur die Summe seiner einzelnen Mitglieder: das geordnete Miteinander ist entscheidend. Während des Spätgottesdienstes mitten im Lied "Stille Nacht, heilige Nacht" verschärfte der Sopran dermaßen das Tempo, dass die anderen Stimmen nicht mehr mitkamen und abbrechen mussten. Nunmehr auf sich allein gestellt verließ auch die erste Stimme der Mut und sie hörte auf zu blasen. Der Chorleiter musste abwinken und neu beginnen.

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Erfahrung ist bekanntlich die Summe aller Misserfolge, und Gott sei Dank hat sich niemand von dieser neuen Erfahrung entmutigen lassen. Mit einer gesunden Mischung aus Demut und Selbstvertrauen wurde die Arbeit fortgesetzt, bis zum heutigen Tage. Der damals wichtigste Mann im Chor, Pastor Hoppe, hat selber nie geblasen, aber gewaltige Aufbauarbeit betrieben, indem er unermüdlich Geld für weitere Anschaffungen auftrieb. Den Aufzeichnungen zufolge wurden alle möglichen Geldquellen der Landeskirche angezapft, und darüber hinaus war die Spendenbereitschaft innerhalb unserer Kirchengemeinde beachtlich. Größter Einzelspender in den Gründerjahren war Dr. Paul Lohmann, mit dessen Hilfe mehrere Instrumente angeschafft werden konnten.

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Die Übungsabende fanden damals noch nicht im Gemeindesaal statt, denn der war zu jener Zeit noch Pfarrscheune, sondern man traf sich im hinteren Teil des Pfarrhauses.

1958 verließ der Chorleiter Marx aus beruflichen Gründen den Posaunenchor und gab den Dirigentenstab an Gerd Feist weiter, welcher durch den Wegzug von Frau Gensicke schon seit einiger Zeit die Ausbildung des Nachwuchses übernommen hatte. Auf dem Foto rechts, das 1958 entstand, können wir beispielsweise erkennen, wie sich Gerd bemüht, einem jungen Mann das Flügelhornblasen beizubringen. Der damalige Anfänger ist noch heute aktiv dabei, allerdings mit der Tuba. 1962 musste auch Gerd Feist krankheitsbedingt das Amt des Chorleiters abgeben. Etwa ein halbes Jahr lang dirigierte ein Lehrer namens Führer den Posaunenchor, bis schließlich am 23. März 1963 Fritz Arnke diese Aufgabe übernahm. An dem Tag begann eine neue Ära, denn Fritz hat diesen Chor über 37 Jahre geleitet und geprägt wie kein anderer. Von nun an konnte sich der Chor kontinuierlich weiterentwickeln. Man blickte über den Rand der eigenen Kirchengemeinde hinaus und nahm an überregionalen Veranstaltungen teil, zum Beispiel am Kirchentag in Dortmund.

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Am Sonntag Exaudi, dem 22. Mai 1966 wurde zum ersten Mal Jubiläum gefeiert, nämlich das 10-jährige, und zwar mit einem Gottesdienst draußen vor der Kirche und gemeinsam mit befreundeten Chören, ganz genau so wie wir im Jahr 2006 zum fünften Male Jubiläum feiern durften. Tags darauf schrieb die Dewezet: "Vor zehn Jahren wurde der Posaunenchor der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde gegründet. Damals gehörten zu den Mitgliedern nur ältere Männer; heute braucht man sich über den jugendlichen Nachwuchs keine Sorgen zu machen, die Jugendlichen aus Kirchohsen wissen sehr wohl, was sie mit ihrer Freizeit anfangen sollen."

Manches von dem, was in den Gründerjahren passiert ist, kommt uns heute noch bekannt vor, wie z.B. die Zusammenarbeit mit anderen Chören, ob Posaunenchor oder Gemischter Chor, die bis heute erfolgreiche Ausbildung von jungen Nachwuchsbläsern und manchmal sogar die mangelhafte Disziplin.

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Wie man sehen kann, sind die meisten unserer Bläserinnen und Bläser deutlich jünger als 50 Jahre, aber auch sie erinnern sich an ein paar Höhepunkte, oder wie man heute sagt "Highlights" aus der jüngeren Vergangenheit. Da wäre zunächst die Partnerschaft mit unseren Freunden aus Trünzig in Sachsen, die uns 1990 zu ersten Male besuchen konnten und die wir natürlich auch immer gern besuchen. Da war im Jahr 2000 die Expo in Hannover mit dem unvergesslichen Pfingstgottesdienst, an dem 1.600 Bläser und 800 Gospelsänger teilgenommen haben und schließlich der Abschlussgottesdienst in der Nacht zwischen Reformationstag und Allerheiligen.

Und da war leider auch der mit Abstand schwärzeste Tag in der Geschichte des Posaunenchors. Zwischen den Expoterminen, am 16. September 2000 während eines gemeinsamen Wochenendes mit unseren Freunden aus Trünzig wurde unser Chorleiter Fritz Arnke buchstäblich aus unserer Mitte abberufen. Er fiel in ein Koma, aus dem er bis zu seinem Tod im Januar 2002 nicht mehr erwachte.

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Seither leitet Claus Henke diesen Chor, und wir alle sind uns einig, dass er ein würdiger Nachfolger ist, der seinen Job zwar in vielen Dingen anders macht als sein Vorgänger, aber genau so gut.

Die letzten Highlights waren der Kirchentag in Hannover und natürlich die 1000-Jahrfeier, die wir gemeinsam mit dem Gemischten Chor bestritten haben und unser 50jähriges Jubiläum, das wir im Jahre 2006 feiern durften. Gerade dieses Foto links zeigt den derzeitigen Zustand unseres Posaunenchores: Eine bunte Mischung aus jung und alt, für jeden Spaß zu haben, aber unsere Kirche ist immer im Mittelpunkt.

Karsten Germer